Zielgenaue Werbung bei Facebook – eine Illusion

Noch hat Facebook den Ruf, das El Dorado der zielgenauen Werbung zu sein. Die Nutzer füttern das soziale Netzwerk mit ihren persönlichen Daten — Alter, Geschlecht, Wohnort, Beziehungsstatus, Interessen und so weiter. Und die Firmen können bei Facebook ganz leicht Werbung genau für die von ihnen gewünschte Zielgruppe platzieren — zum Beispiel junge Frauen zwischen 15 und 17 Jahren oder alleinstehende Männer über 65 Jahren.

Die Zielgruppe kann sich die Firma zusammenklicken, es wird auch angezeigt, wie viele Facebook-Nutzer mit dieser Werbung erreicht werden können – wie simpel und praktisch. So wird mir angezeigt, dass ich in meiner Heimatstadt Würzburg zum Beispiel diese Zielgruppe erreichen:

13 360 Personen

  • die in Deutschland leben
  • die in Würzburg wohnen
  • die genau zwischen 15 und 17 Jahre alt sind
Toll, was heutzutage alles geht — 13360 Jugendliche in Würzburg erreichen. Die Freude darüber wird leider durch die harte Wirklichkeit getrübt — laut Bayerischem Landesamt für Statistik gibt es in Würzburg nur 2671 Menschen in dieser Altersgruppe.  Im besten Fall existieren also nur 20 Prozent der angegebenen Facebook-Nutzer mit diesen persönlichen Daten wirklich. Und in anderen Altersstufen sieht es nicht besser aus — erst ab den Gruppen 50 Jahre oder älter  ist die Zahl der Facebook-Nutzer kleiner als die der tatsächliche Einwohnerzahl in diesen Gruppen und könnte damit zumindest möglich.
Die statistischen Daten für das Beispiel Würzburg findet man in dieser Google-Tabelle und sind auch hier als Balkendiagramm dargestellt:
Diagramm - Einwohnerzahl und angebliche Facebooknutzer in Würzburg

Warum könnte das so sein?

  • Nutzer könnten ihr Alter falsch angegeben haben.
  • Firmen, Organisationen, Künstler, Bands, Vereine, etc haben sich bei Facebook als Person mit einem fikitven Alter angemeldet und nicht als Facebook-Seite.

Was ist die Konsequenz daraus?

Facebook-Werbung ist bei Weitem nicht so zielgenau ist, wie es Facebook oder Werbeagenturen gerne hätten — weil die Daten nicht immer die Qualität haben. Denn im gezeigten Beispiel stimmt zumindest die Altersangabe nicht und man wird schon misstrauisch, ob die restlichen Angaben — Geschlecht, Interessen, Wohnort — korrekt sind. Werbung über solche feinen Kriterien — sogenanntes Targeting — würde ich im Gegensatz zu anderen nicht empfehlen.  Zur zielgenaueren Werbung will Facebook nun weitere Daten und auch das Surfverhalten der Facebook-Nutzer zur Verbesserung  verwenden — Datenschützer sind darüber nicht amüsiert.
Update:
Jetzt habe ich auch den Hilfe-Eintrag bei Facebook gefunden, den ich gesucht habe: Facebook gibt zu, dass die Nutzerzahlen nur Schätzungen sind — aber wenn die Abweichungen dermaßen groß sind, ist das für mich schon nicht mehr geschätzt, sondern geraten.

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